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Note on this translation project:
The idea is to aid with German comprehension: First you read the German with the hard words explained; then you read an English translation; and finally you read the original German with perfect comprehension, as if you were Franz Kafka himself!
These short short stories were all part of the story collection “Ein Landartz” (“A Country Doctor”), published in 1919 (Franz Kafka, author; Kurt Wolff, publisher).
German original available (kostenlos, natuerlich) at Project Gutenberg (or at the very bottom of this page). If, deutschlos, you just want to read my English translation, skip to English Translation
I’ve also written an Analysis and Response Story
Die Sorge des Hausvater’s / The Housefather’s Worry
Hausvater: Master of the house, or warden–like at a boarding school.
Or: Housefather, the spiritual head of a household
1. Die einen sagen, das Wort Odradek stamme aus [stammen (aus): come (from)] dem Slawischen und sie suchen [search] auf Grund [auf Grund von: on the strength of] dessen die Bildung [formation] des Wortes nachzuweisen [nachweisen: prove]. Andere wieder meinen, es stamme aus dem Deutschen, vom Slawischen sei es nur beeinflußt [influenced]. Die Unsicherheit [Sicherheit: certainty] beider Deutungen [interpretations] aber läßt wohl [probably, arguably] mit Recht darauf schließen, daß keine zutrifft [zutreffen: be applicable / correct], zumal [particularly as] man auch mit keiner von ihnen einen Sinn [sense, meaning] des Wortes finden kann.
1. Some say that the word Odradek comes from the slavic and on that basis they try to prove the {etymological} formation of the word. Others opine it comes from the German, is only influenced by the Slavic. But the uncertainty of both interpretations arguably justifies concluding that neither is correct, especially as one can’t find a meaning of the word with either one of the supposed explanations}.
1. Die einen sagen, das Wort Odradek stamme aus dem Slawischen und sie suchen auf Grund dessen die Bildung des Wortes nachzuweisen. Andere wieder meinen, es stamme aus dem Deutschen, vom Slawischen sei es nur beeinflußt. Die Unsicherheit beider Deutungen aber läßt wohl mit Recht darauf schließen, daß keine zutrifft, zumal man auch mit keiner von ihnen einen Sinn des Wortes finden kann.
2. Natürlich würde sich niemand mit solchen Studien [studies] beschäftigen [occupy], wenn es nicht wirklich ein Wesen [being] gäbe, das Odradek heißt. Es [neuter from of “it”] sieht zunächst [initially / at first] aus wie eine flache sternartige Zwirnspule [r Zwirn: twine, twist; e Spule: spool], und tatsächlich [actually] scheint [appears] es auch mit Zwirn bezogen [beziehen: to cover]; allerdings [however] dürften [konjunktiv II (subjunctive mood) of dürfen (“may” or “can”)] es nur abgerissene [ragged] , alte, aneinander geknotete [knoten: knot], aber auch ineinander verfitzte [verfitzt: tangled up] Zwirnstücke [pieces of twine] von verschiedenster [verschieden: different] Art [type] und Farbe sein.
2. Naturally no one would occupy themselves with such studies if there wasn’t really a being called Odradek. At first glance it looks like a flat, star-shaped spool of twine. And it actually appears to be covered with twine–although they must be only ragged old twine-scraps of the most different types and colors all knotted up and tangled into each other.
2. Natürlich würde sich niemand mit solchen Studien beschäftigen, wenn es nicht wirklich ein Wesen gäbe, das Odradek heißt. Es sieht zunächst aus wie eine flache sternartige Zwirnspule, und tatsächlich scheint es auch mit Zwirn bezogen; allerdings dürften es nur abgerissene, alte, aneinander geknotete, aber auch ineinander verfitzte Zwirnstücke von verschiedenster Art und Farbe sein.
3. Es ist aber nicht nur eine Spule [spool], sondern [but (in the contrasting sense of “rather”)] aus der Mitte des Sternes [star] kommt ein kleines Querstäbchen [quer: diagonally; r Stab: rod; chen: diminutive] hervor [out of] und an dieses Stäbchen fügt [joins] sich dann im rechten Winkel [rechter Winkel: right angle] noch eines. Mit Hilfe dieses letzteren [latter] Stäbchens auf der einen Seite [side], und einer der Ausstrahlungen [radiance / radiation / emanation] des Sternes auf der anderen Seite, kann das Ganze wie auf zwei Beinen [legs] aufrecht [upright] stehen [stand].
3. But it isn’t just a spool, for a tiny little diagonal rod comes out from the middle of the star, and then, joined at a right angle to this first tiny rod, there is yet another. With the help of this latter rod on the one side and one of the star’s points on the other side, the whole thing can stand upright as if on two legs.
3. Es ist aber nicht nur eine Spule, sondern aus der Mitte des Sternes kommt ein kleines Querstäbchen hervor und an dieses Stäbchen fügt sich dann im rechten Winkel noch eines. Mit Hilfe dieses letzteren Stäbchens auf der einen Seite, und einer der Ausstrahlungen des Sternes auf der anderen Seite, kann das Ganze wie auf zwei Beinen aufrecht stehen.
4. Man wäre versucht [tempted] zu glauben [believe], dieses Gebilde [structure] hätte früher irgendeine [some, any] zweckmäßige [functionable] Form gehabt und jetzt sei es nur zerbrochen [zerbrechen: break]. Dies scheint [seems] aber nicht der Fall [case] zu sein; wenigstens [at least] findet sich kein Anzeichen [sign] dafür; nirgends sind Ansätze [approaches; less common: edges] oder Bruchstellen [Bruch: break; Stellen: places, areas] zu sehen, die auf etwas Derartiges [of the kind] hinweisen [point to] würden; das Ganze erscheint [appear] zwar sinnlos [senseless], aber in seiner Art [way] abgeschlossen [completed, self-contained]. Näheres läßt sich übrigens [incidentally] nicht darüber sagen, da Odradek außerordentlich beweglich [movable] und nicht zu fangen [catch] ist.
4. One would be tempted to believe that this structure once had some practical form and now it’s just broken. However, this seems not the case, at least there’s not sign of it, nowhere are there any visible edges or fractures, which would confirm such an explanation; it’s true that the whole thing appears to be senseless but it is in its own way a whole. To say more is, as it happens, not possible, for Odradek is extraordinarily agile and not to be caught.
4. Man wäre versucht zu glauben, dieses Gebilde hätte früher irgendeine zweckmäßige Form gehabt und jetzt sei es nur zerbrochen. Dies scheint aber nicht der Fall zu sein; wenigstens findet sich kein Anzeichen dafür; nirgends sind Ansätze oder Bruchstellen zu sehen, die auf etwas Derartiges hinweisen würden; das Ganze erscheint zwar sinnlos, aber in seiner Art abgeschlossen. Näheres läßt sich übrigens nicht darüber sagen, da Odradek außerordentlich beweglich und nicht zu fangen ist.
5. Er hält sich [sich aufhalten: stay] abwechselnd [in alternation] auf dem Dachboden [attic], im Treppenhaus [staircase], auf den Gängen [corridors], im Flur [“hall” or “vestibule”] auf. Manchmal [sometimes] ist er monatelang [months-long] nicht zu sehen; da ist er wohl [probably] in andere Häuser übersiedelt [moved, relocated]; doch kehrt [zurueckkehren: return] er dann unweigerlich [unavoidably] wieder [again] in unser Haus zurück. Manchmal, wenn man aus der Tür tritt [steps] und er lehnt [sich lehnen : lean] gerade unten am Treppengeländer [das Geländer: railing], hat man Lust, ihn anzusprechen [speak to]. Natürlich stellt man an ihn keine schwierigen [difficult] Fragen [questions], sondern behandelt [handle] ihn—schon seine Winzigkeit [winzig: tiny] verführt [seduce] dazu—wie ein Kind.
5. He resides alternately in the attic, on the staircase, in the hallways or the vestibule. Sometimes he’s not seen for months; then he’s most likely relocated to other houses; but he inevitably returns to our house. Sometimes, when one steps out the door and he’s leaning on the railing directly underneath, one would like to address him. Naturally one doesn’t ask him any difficult questions, rather treats him—his tininess alone elicits this response—like a child.
5. Er hält sich abwechselnd auf dem Dachboden, im Treppenhaus, auf den Gängen, im Flur auf. Manchmal ist er monatelang nicht zu sehen; da ist er wohl in andere Häuser übersiedelt; doch kehrt er dann unweigerlich wieder in unser Haus zurück. Manchmal, wenn man aus der Tür tritt und er lehnt gerade unten am Treppengeländer, hat man Lust, ihn anzusprechen. Natürlich stellt man an ihn keine schwierigen Fragen, sondern behandelt ihn—schon seine Winzigkeit verführt dazu—wie ein Kind.
6. „Wie heißt du denn?« fragt man ihn. »Odradek,« sagt er. »Und wo wohnst du?« »Unbestimmter [unbestimmt: indefinite] Wohnsitz [(place of) residence],« sagt er und lacht [laughs]; es ist aber nur ein Lachen [laughter], wie man es ohne Lungen [lungs] hervorbringen [produce] kann. Es klingt [sounds] etwa [approximately] so, wie das Rascheln [rascheln: to rustle] in gefallenen Blättern [leaves]. Damit ist die Unterhaltung [conversation] meist zu Ende. Übrigens [incidentally] sind selbst diese Antworten [answers] nicht immer zu erhalten [obtain]; oft ist er lange stumm [silent], wie das Holz [wood], das er zu sein scheint.
6. „So, what’s your name?“ one asks him. “Odradek,” he says. “And where do you live?” “Indefinite residence,” he says and laughs; it is however a laugh like one can only produce without lungs. It sounds a little like the rustling of fallen leaves. With that the conversation is usually at an end. By the way, these answers are not always to be had; often he’s long silent like the wood he appears to be.
6. „Wie heißt du denn?« fragt man ihn. »Odradek,« sagt er. »Und wo wohnst du?« »Unbestimmter Wohnsitz,« sagt er und lacht; es ist aber nur ein Lachen, wie man es ohne Lungen hervorbringen kann. Es klingt etwa so, wie das Rascheln in gefallenen Blättern. Damit ist die Unterhaltung meist zu Ende. Übrigens sind selbst diese Antworten nicht immer zu erhalten; oft ist er lange stumm, wie das Holz, das er zu sein scheint.
7. Vergeblich [in vain] frage ich mich, was mit ihm geschehen wird. Kann er denn sterben [die]? Alles, was stirbt, hat vorher eine Art [type] Ziel [goal], eine Art Tätigkeit [activity, occupation] gehabt und daran hat es sich zerrieben [zerreiben: grind, crush]; das trifft bei Odradek nicht zu [zutreffen: to be applicable]. Sollte er also einstmals [once, formerly] etwa noch vor den Füßen meiner Kinder und Kindeskinder mit nachschleifendem [trailing] Zwirnsfaden [Zwirn: twine; r Faden: thread] die Treppe hinunterkollern [hinunter: down; kollern: roll]? Er schadet [harms] ja offenbar [evidently] niemandem; aber die Vorstellung [notion], daß er mich auch noch [auch noch: (in this instance) as yet (I think)] überleben [outlive] sollte, ist mir eine fast [almost] schmerzliche [painful].
7. In vain I ask myself what will happen to him. Can he die? Everything that dies had previously some kind of goal, some activity upon which it ground itself out; that doesn’t apply to Odradek. Will he then one day, twines trailing, roll down the steps at the feet of my children and my children’s children? He clearly harms no one; but the idea that he might outlive me is almost painful.
7. Vergeblich frage ich mich, was mit ihm geschehen wird. Kann er denn sterben? Alles, was stirbt, hat vorher eine Art Ziel, eine Art Tätigkeit gehabt und daran hat es sich zerrieben; das trifft bei Odradek nicht zu. Sollte er also einstmals etwa noch vor den Füßen meiner Kinder und Kindeskinder mit nachschleifendem Zwirnsfaden die Treppe hinunterkollern? Er schadet ja offenbar niemandem; aber die Vorstellung, daß er mich auch noch überleben sollte, ist mir eine fast schmerzliche.
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Die Sorge des Hausvater’s / The Housefather’s Worry
Hausvater: Master of the house, or warden–like at a boarding school.
Or: Housefather, the spiritual head of a household
Some say that the word Odradek comes from the slavic and on that basis they try to prove the {etymological} formation of the word. Others opine it comes from the German, is only influenced by the Slavic. But the uncertainty of both interpretations arguably justifies concluding that neither is correct, especially as one can’t find a meaning of the word with either one of the supposed explanations}.
Naturally no one would occupy themselves with such studies if there wasn’t really a being called Odradek. At first glance it looks like a flat, star-shaped spool of twine. And it actually appears to be covered with twine–although they must be only ragged old twine-scraps of the most different types and colors all knotted up and tangled into each other. But it isn’t just a spool, for a tiny little diagonal rod comes out from the middle of the star, and then, joined at a right angle to this first tiny rod, there is yet another. With the help of this latter rod on the one side and one of the star’s points on the other side, the whole thing can stand upright as if on two legs.
One would be tempted to believe that this structure once had some practical form and now it’s just broken. However, this seems not the case, at least there’s not sign of it, nowhere are there any visible edges or fractures, which would confirm such an explanation; it’s true that the whole thing appears to be senseless but it is in its own way a whole. To say more is, as it happens, not possible, for Odradek is extraordinarily agile and not to be caught.
He resides alternately in the attic, on the staircase, in the hallways or the vestibule. Sometimes he’s not seen for months; then he’s most likely relocated to other houses; but he inevitably returns to our house. Sometimes, when one steps out the door and he’s leaning on the railing directly underneath, one would like to address him. Naturally one doesn’t ask him any difficult questions, rather treats him—his tininess alone elicits this response—like a child.
In vain I ask myself what will happen to him. Can he die? Everything that dies had previously some kind of goal, some activity upon which it ground itself out; that doesn’t apply to Odradek. Will he then one day, twines trailing, roll down the steps at the feet of my children and my children’s children? He clearly harms no one; but the idea that he might outlive me is almost painful.
Story: Franz Kafka
Translation: AMW
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Original:
Die Sorge des Hausvaters.
Die einen sagen, das Wort Odradek stamme aus dem Slawischen und sie suchen auf Grund dessen die Bildung des Wortes nachzuweisen. Andere wieder meinen, es stamme aus dem Deutschen, vom Slawischen sei es nur beeinflußt. Die Unsicherheit beider Deutungen aber läßt wohl mit Recht darauf schließen, daß keine zutrifft, zumal man auch mit keiner von ihnen einen Sinn des Wortes finden kann.
Natürlich würde sich niemand mit solchen Studien beschäftigen, wenn es nicht wirklich ein Wesen gäbe, das Odradek heißt. Es sieht zunächst aus wie eine flache sternartige Zwirnspule, und tatsächlich scheint es auch mit Zwirn bezogen; allerdings dürften es nur[97] abgerissene, alte, aneinander geknotete, aber auch ineinander verfitzte Zwirnstücke von verschiedenster Art und Farbe sein. Es ist aber nicht nur eine Spule, sondern aus der Mitte des Sternes kommt ein kleines Querstäbchen hervor und an dieses Stäbchen fügt sich dann im rechten Winkel noch eines. Mit Hilfe dieses letzteren Stäbchens auf der einen Seite, und einer der Ausstrahlungen des Sternes auf der anderen Seite, kann das Ganze wie auf zwei Beinen aufrecht stehen.
Man wäre versucht zu glauben, dieses Gebilde hätte früher irgendeine zweckmäßige Form gehabt und jetzt sei es nur zerbrochen. Dies scheint aber nicht der Fall zu sein; wenigstens findet sich kein Anzeichen dafür; nirgends sind Ansätze oder Bruchstellen zu sehen, die auf etwas Derartiges hinweisen würden; das Ganze erscheint zwar sinnlos, aber in seiner Art abgeschlossen. Näheres läßt sich übrigens nicht darüber sagen, da Odradek außerordentlich beweglich und nicht zu fangen ist.
Er hält sich abwechselnd auf dem Dachboden, im Treppenhaus, auf den Gängen, im Flur auf. Manchmal ist er monatelang nicht zu sehen; da ist er wohl in andere Häuser übersiedelt; doch kehrt er dann unweigerlich wieder in unser Haus zurück. Manchmal, wenn man aus der Tür tritt und er lehnt gerade unten am Treppengeländer, hat man Lust, ihn anzusprechen. Natürlich stellt man an ihn keine schwierigen Fragen, sondern behandelt ihn – schon seine Winzigkeit verführt[100] dazu – wie ein Kind. »Wie heißt du denn?« fragt man ihn. »Odradek,« sagt er. »Und wo wohnst du?« »Unbestimmter Wohnsitz,« sagt er und lacht; es ist aber nur ein Lachen, wie man es ohne Lungen hervorbringen kann. Es klingt etwa so, wie das Rascheln in gefallenen Blättern. Damit ist die Unterhaltung meist zu Ende. Übrigens sind selbst diese Antworten nicht immer zu erhalten; oft ist er lange stumm, wie das Holz, das er zu sein scheint.
Vergeblich frage ich mich, was mit ihm geschehen wird. Kann er denn sterben? Alles, was stirbt, hat vorher eine Art Ziel, eine Art Tätigkeit gehabt und daran hat es sich zerrieben; das trifft bei Odradek nicht zu. Sollte er also einstmals etwa noch vor den Füßen meiner Kinder und Kindeskinder mit nachschleifendem Zwirnsfaden die Treppe hinunterkollern? Er schadet ja offenbar niemandem; aber die Vorstellung, daß er mich auch noch überleben sollte, ist mir eine fast schmerzliche.